Haushaltsrede von Gitte Trostmann im Rat vom 30.04.2021

Rede zum Haushalt der Stadt Gütersloh 2021

Es gilt das gesprochene Wort.

 

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Morkes,
sehr geehrter Verwaltungsvorstand,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Damen und Herren von der Presse,
sehr geehrte Zuschauer*innen und Zuschauer an den Bildschirmen,

diese Ratsperiode ist noch jung – genau ein halbes Jahr jung und bisher wird diese Zeit für uns alle überschattet von der Corona-Pandemie. Auch an den Menschen in Gütersloh sind die Ein-schränkungen nicht spurlos vorbeigegangen. Wir alle sind erschöpft und sehnen das Ende dieser Pandemie herbei. Nur leider sieht es aktuell noch gar nicht danach aus.

Die Corona-Krise bescherte uns zwar zunächst einen gewaltigen Einbruch in den städtischen Steuereinnahmen. Aber die städtischen Finanzen stehen weiterhin unter einem guten Stern. Denn die Hilfen von Land und Bund als Ausgleich für die zu erwartenden Gewerbesteuerausfälle fielen deutlich höher aus als die Mindereinnahmen. Auch in 2021 wird das zunächst befürchtete Defizit im Haushalt durch Nachzahlungen von Großunternehmen und höhere Gewerbesteuereinnahmen voraussichtlich abgewendet. Wichtig ist uns, dass wir den jetzt gewonnen Spielraum für kluge Investitionen nutzen, die unsere Stadt zukunftsfähig machen und unsere Steuerkraft sichern.

Wir wollen die Gelder, die ausdrücklich vom Bund und Land mit der Intention an die Kommunen vergeben wurden, die Folgen der Krise meistern zu können, auch dafür nutzen, kleinen Unternehmen zu helfen. Wir wollen denen helfen, die schwer vom Lockdown getroffen wurden, weiterzumachen und den Neustart nach der Krise zu schaffen. Gerade die kleinen Unternehmen, Soloselbständigen und kleine Kulturschaffende gehören eindeutig zu den Verlierern der Corona-Pandemie. Würden sie nach dem Re-Start nicht mehr aufmachen und tätig sein können, wäre das ein großer Verlust für die Vielfalt, für die Attraktivität und das Bild unserer Stadt. Sie sind es, die unsere Stadt so lebens-, liebenswert und individuell machen. Sie sind ein wichtiger Teil unserer Stadtgesellschaft. Einige dieser Menschen stehen unverschuldet finanziell mit dem Rücken an der Wand und profitieren nicht von Bundes- oder Landeshilfsfonds. Darum haben wir die Idee aufgeworfen, einen Gütersloh-eigenen Härtefallfond für eben diese Menschen aufzulegen. Der gemeinsam gestellte Antrag wurde mit großer Mehrheit von CDU, SPD und FDP beschlossen.

Die Kämmerin wirft der Politik – nicht nur in diesem Zusammenhang – Maßlosigkeit und Verantwortungslosigkeit vor, aber wir möchten dort helfen, wo besondere Härtefälle auftreten. Es geht hier um Existenzen. Darum haben wir beantragt, genau dies zu tun. Um es in einfachen Worten zusammenzufassen: Da gibt es Gütersloher Unternehmer*innen, die dringend Hilfe benötigen. Wir haben die Möglichkeiten, zu helfen. Also sollten wir helfen. Gerne können sich Unternehmen, die die Zeit der Pandemie unbeschadet oder sogar gestärkt überstanden haben, beteiligen und in den Fond einzahlen.

Unser erklärtes Ziel ist es, das Leben in unserer Stadt dynamisch, fortschrittlich, ökologisch, fair und modern zu gestalten, damit alle gut und gerne in unserer Stadt leben können. Dazu gehört eine vorausschauende Haushalts- und Ressourcenplanung für die kommenden Jahre. Ohne klare strategische Ziele, die langfristig gelten, werden wir die Herausforderungen beim Klimaschutz, bei der Mobilitätswende und in der nachhaltigen Finanzwirtschaft nicht schaffen. Eine große Rolle für die Entwicklung spielt das von uns initiierte Innovationszentrum. Das Innovationszent-rum soll Neugründungen von Unternehmen fördern in Branchen, die die Arbeitsplätze in unserer Stadt für die Zukunft sichern.

Wir GRÜNE haben uns für die laufende Ratsperiode vorgenommen, unsere zahlreichen Ideen für ein zukunftsfähiges, nachhaltiges Gütersloh, welches Armut und den sozialen Wohnungsbau genauso thematisiert wie die frühkindliche Bildung und die dringend erforderliche Verkehrswende, nach und nach umzusetzen. Mit dem Fokus auf Ökologie und Gerechtigkeit und wachsender Bürger*innenbeteiligung möchten wir Gütersloh als eine „Stadt für alle“ gestalten, die sich nachhaltig weiterentwickelt. Uns ist dabei bewusst, dass all unsere Ideen durch den kommunalen Haushalt ermöglicht werden müssen. Daher wollen wir alle aktuellen und kommenden städtischen Ausgaben entlang unserer Leitlinien prüfen. Auch weiterhin werden wir GRÜNE vorrangig die Investitionen und Ausgaben befürworten, die unserer Umwelt bzw. unserem Klima nützen und zum Gemeinwohl unserer Stadt beitragen.

Neben unserem Schwerpunktthemen Klima- und Umweltschutz haben wir uns für den Haushalt einen weiteren Schwerpunkt gesetzt: Das ist die „Digitalisierung“. Gütersloh hat im letzten Jahr das große Glück gehabt, eine Zusage für die Bewerbung als „Smart City“ zu bekommen! Ein riesiges Förderprojekt mit vielen Chancen für notwendige, vielfältige Projekte zum Thema Digitalisierung. Andere Kommunen, die auch “Smart City” geworden sind, haben sich schon längst auf den Weg gemacht. Sie haben Personal eingestellt, haben Projekte konzipiert, Ideen entwickelt. In Gütersloh sind wir noch ganz am Anfang. Aber jetzt soll es mit Hochdruck losgehen. 7 Stellen können über die Smart City-Förderung geschaffen werden. Die Verwaltung hat auf unsere Willensbekundung hin, die sieben Stellen im Stellenplan eingeplant. Das ist die wichtigste Voraussetzung, damit jetzt die Ausschreibung der Stellen und die Besetzung zügig erfolgen kann. Und die Besetzung der Stellen ist die Voraussetzung dafür, dass neue Projekte konkret geplant und umgesetzt werden.

Aber das Thema Digitalisierung muss viel weiter gehen und in die Verwaltung hineinwirken – immer unter der Prämisse, dass die Digitalisierung Mittel zum Zweck ist, sie muss uns Nutzen bringen. Ziel ist es, die digitale Kompetenz in der gesamten Verwaltung zu verankern. Das ist einen Riesenaufgabe! Deshalb setzen wir GRÜNE uns zusammen mit der CDU, der BfGT und der FDP für eine neue Beigeordnetenstelle eingesetzt. Der Verwaltungsvorstand soll hier eine erweiterte Kompetenz und Unterstützung auf Augenhöhe erhalten. Der zukünftige Geschäftsbereich „Digitalisierung, IT, Personal und Organisation“ soll in die gesamte Verwaltung wirken und darauf hinarbeiten, die digitalen Kompetenzen aller Mitarbeitenden zu stärken.

Neben der Digitalisierung ist es uns auch gelungen, den Klima- und Umweltschutz zu stärken. Gemeinsam mit CDU und FDP haben wir den Weg frei gemacht für eine besondere Stelle zur Einwerbung von Drittmitteln für den Umwelt- und Klimaschutz. Die Person, die in absehbarer Zeit diese Aufgabe übernimmt, soll sich einerseits aktiv um die Einwerbung von Fördermitteln, aber auch um die Konzeption der zusätzlichen, neuen Projekte und deren Umsetzung kümmern. Dadurch ergeben sich neue, bislang weitgehend ungenutzte Möglichkeiten für nachhaltige Vorhaben, neue Ideen und deren Realisierung. Das ist die Chance für die Realisierung von zukunftsweisenden Projekten im Bereich Klima- und Umweltschutz.

Um die Luft für die Finanzierung dieser Stellen im Bereich Digitalisierung sowie Klima- und Umweltschutz zu schaffen, haben wir uns den mit dem Haushalt vorgelegten Stellenplan genau angesehen. Mit der Streichung von 5,5 geplanten Stellen, die wir beantragt haben, haben wir es uns keinesfalls leicht gemacht. Sie sind vielmehr das Ergebnis intensiver Beratungen mit der Verwaltung und in der Politik. Wir hatten erwartet, dass die Verwaltung uns bei der Priorisierung der Stellen im Stellenplan und beim Willen, weitere Einsparungen zu erzielen, unterstützt. Aber das hat sie verweigert.

Wir wollen mit unserem kommunalen Handeln einen Beitrag zum Pariser Klimaabkommen leisten. Hier geht unser Blick Richtung klimaneutrale Gewerbe- und Baugebietsentwicklung. Durch personelle Ausstattung, externe Unterstützung und richtungsweisende Beschlüsse wollen wir hier Energieeffizientes Bauen fördern, eine Energiever-sorgung aus Erneuerbaren Energien sicherstellen und die Verkehrswende mutig voranbringen. Grundsätzlich wünschen wir uns bei der Verkehrsplanung mehr Mut für die Umsetzung klimafreundlicher Mobilität.

Der zügige, qualitätvolle, bedarfsgerechte und zeitgemäße Ausbau unserer Schulen ist für uns eine wichtige Aufgabe, für die der Haushalt große Investitionssummen zur Verfügung stellt und stellen muss. Dabei ist der zukunftsfähige, energetische Standard entsprechend den Energieleitlinien für unsere Klimaziele unverzichtbar. Diese wichtige Aufgabe bildet sich auch im Stellenplan mit weiteren Stellen im Fachbereich Immobilienmanagement ab.
Auch in den kommenden Jahren werden noch große Summen für die Sanierung der Schulen zur Verfügung gestellt werden müssen. Als nächstes stehen die weiterführenden Schulen an. An erster Stelle steht dabei die Janusz-Korczak-Gesamtschule. Nachdem die Neueröffnungen von mehreren Gesamtschulen in den Nachbarkommunen nicht zu Auswirkungen auf die Schüler*innenzahlen unserer Schulen geführt haben, ist es notwendig, die weiterführenden Schulen gezielt in den Blick zu nehmen.

Neuerdings und überraschend steht auch eine Sanierung des Evangelisch Stiftischen Gymnasiums auf der To-do-Liste – überraschend hinsichtlich des Umfangs der Maßnahmen und hinsichtlich der Dringlichkeit. Hier muss nochmal genau nachgeschaut werden, wie es zu dem Sanierungsstau kommen konnte und wofür die von der Stadt jährlich gezahlten Gelder (1 Mio. Euro) eingesetzt wurden. Die Rekonstruktion von über 120 Jahre alten Verträgen hilft da wenig weiter. Zu gegebener Zeit muss auch über die veraltete und wenig zukunftsfähige Trägerschaft nachgedacht werden.

Wir GRÜNE haben das Ziel, die Politik in Gütersloh in eine neue Richtung zu lenken, um so unsere Stadt zu gestalten. Dafür wollen wir mutig innovative Wege gehen und bei allen Entscheidungen auch den Blick auf die Klimarelevanz lenken. Entwicklung weiterer Grün-, Park- und Naherholungsräume sind wichtige Aufgaben, die in einer wachsenden Stadt mitwachsen müssen. Sie bedeuten Lebensqualität für unsere Stadt. Das ist in der Corona-Pandemie besonders deutlich geworden. Insbesondere auch für die, die keinen eigenen Garten besitzen. Gemeinsam mit engagierten und interessierten Bürger*innen wollen wir Visionen für unsere Stadt entwickeln, die die Vielfältigkeit und Farbigkeit unserer Gesellschaft abbilden.

Wir GRÜNE werden dem vorliegenden Haushalt 2021 und dem geänderten Stellenplan – der nun deutliche Schwerpunkte hin zu mehr Digitalisierung sowie Klima- und Umweltschutz enthält – heute zustimmen.

Ich danke Ihnen fürs Zuhören.

Gitte Trostmann & Birgit Niemann-Hollatz
Fraktionssprecherinnen
Ratsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

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