Grünes Frauenforum trifft… pro familia!

Das Grüne Frauenforum im Austausch mit Almuth Duensing, der Leitung von pro familia Gütersloh (v.l.n.r.): Kerry Prior, Sara Pérez de Siles Fernández, Simone Bercht, Almuth Duensing (pro familia), Stefanie Meier und Ines Böhm.

Draußen ist es ungemütlich und nasskalt. In der Beratungsstelle Gütersloh aber wird es warmherzig. Auf dem Tisch Kaffee, Kekse und ein paar Broschüren, drum herum sitzt das Grüne Frauenforum zusammen mit Almuth Duensing, der Leitung von pro familia in Gütersloh

Gleich zu Anfang erfahren wir, wie eng verzahnt das multiprofessionelle Team von pro familia, bestehend u.a. aus Sozialpädagog:innen, Psycholog:innen, Ärzt:innen, in seinen Schwerpunktbereichen, z.B. der Schwangerschafts- und der Schwangerschaftskonfliktberatung, arbeitet. Letztere wird auch von der Diakonie angeboten und ist für die Betroffenen in Deutschland verpflichtend zur Durchführung eines straffreien Schwangerschaftsabbruches. Im Jahr 2021 gab es in der Beratungsstelle Gütersloh etwa 300 Schwangerschaftskonfliktsberatungen, in 2022 bis dato bereits über 320. Im Kreis Gütersloh gibt es aktuell 7 Arztpraxen bzw. Kliniken, in denen Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt werden, in der Stadt Gütersloh sind es 3. Die Zahl der durchführenden Ärzt:innen nimmt aber seit Jahren ab, ein Trend, der sich leider fortzusetzen scheint, zumal viele durchführende Fachärzt:innen in den Ruhestand gehen werden. Hier müssen zeitnah Anreize für neu angestellte Arzt:innen geschaffen und intensiviert werden, Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen, um das Angebot aufrecht erhalten zu können. 

Aktuell wird das sexualpädagogische Bildungsangebot der pro familia an fast allen Gütersloher weiterführenden Schulen in den Jahrgängen 8-10 angeboten. Das Projekt findet in einem geschützten und bewertungsfreien Raum ohne Lehrkräfte statt. Dadurch leistet es einen besonderen Beitrag zur Prävention und sollte, so Almuth Duensing, unbedingt an allen weiterführenden Schulen im Kreis ausgeweitet werden. Denn hier entstehen erste Kontakte mit der Beratungsstelle und die Hemmschwelle sinkt erkennbar. 

Ein Thema, dass sich in Gesprächen mit Jugendlichen immer wieder herauskristallisiert, ist die Sensibilisierung für Menstruationshygiene. Wir brauchen ein breiteres Verständnis für  Mensturationsbeschwerden, wie das weit verbreitete prämenstruellen Syndrom (PMS) und die Endometriose. Dazu beitragen kann neben der Aufklärung im Rahmen der Sexualpädagogik auch die breit gefächerte Verfügbarkeit kostenloser Hygieneartikel in Schulen und an öffentlichen Stellen, erklärt uns Almuth Duensing.

Bei der offenen Beziehungsarbeit mit den Jugendlichen offenbaren sich die Herausforderungen unserer Zeit: Zum einen der für Jüngere oftmals unfreiwillig vereinfachte Zugang zu pornographischem Material und dessen Verbreitung über die „sozialen Medien“ sowie der unbedachte Umgang mit eigenen Nacktbildern und der Weiterleitung sogenannter „Dick pics“. Immerhin bei zwei Drittel der Mädchen landen diese Bilder früher oder später auf dem Smartphone. Auch Mädchen verschicken intime Bilder „als Vertrauensbeweis“. Was die Jugendlichen oft nicht wissen: Solche in Klassenchats verbreiteten Aufnahmen sind als kinder- und jugendpornografisches Material und dessen Weiterleitung somit als Straftat einzustufen (nach §184b und §185c StGB). 

Zum Abschluss unseres Gesprächs fragen wir uns: Wie bunt und divers ist eigentlich Gütersloh?Transsexualität war schon vor 30 Jahren ein Thema, sagt Almuth Duensing.  Heute aber sind viele junge Menschen mit dem Gender-Begriff, also dem sozialen Geschlecht, besser vertraut als früher. Vielfalt gehört zu ihrem Alltag und queere Jugendliche und junge Erwachsene wissen, dass sie in pro familia einen verlässlichen Ansprechpartner haben. So begrüßt pro familia auch die Einrichtung von Unisex-Toiletten in Gütersloh, familienfreundliche Stillräume sowie Wickelmöglichkeiten, die auch die Väter nutzen können. 

Zwei Stunden sind vergangen und irgendwie vermag niemand, einen Schlussstrich unter das Gespräch zu ziehen: So vielschichtig und beeindruckend ist die Arbeit von pro familia, so viele Fragen und Themen gibt es noch, die wir ausführlich in diesem Kreis diskutieren können – beim nächsten Mal. Das Grüne Frauenforum bedankt sich sehr herzlich bei Almuth Duensing für den offenen Austausch, die Beantwortung unserer Fragen und die Impulse, die wir mit in unsere frauenpolitische Arbeit nehmen werden. 

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