Verantwortung übernehmen für Gütersloh

Haushaltsrede unserer Fraktionssprecherin Gitte Trostmann in der Ratssitzung am 3. Mai 2024

Rede der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Haushalt 2024 der Stadt Gütersloh

Es gilt das gesprochene Wort.

Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

Gütersloh ist eine von vielen Kommunen in NRW, denen 2024 die Haushaltssicherung drohte. Die Finanzlage der Städte und Gemeinden hat sich innerhalb kürzester Zeit gravierend verschlechtert.

Die Gründe dafür sind klar:

  • Die wirtschlich schwierige Lage,
  • Die Inflation, die dazu führt, dass viele den Cent zwei Mal umdrehen müssen und weniger gekauft wird
  • Folglich gehen die Steuereinnahmen zurück.

Die Gegenmaßnahmen, die der Bund richtigerweise getroffen hat, wie beispielsweise das Inflationsausgleichsgesetz, wird aber nicht nur mit Steuermitteln des Bundes gezahlt, auch Länder und Kommunen haben massiv niedrigere Steuereinnahmen.

Und gleichzeitig ist der Investitionsstau bei Schiene, Straßen oder KiTas enorm.

Wir bräuchten in dieser Lage dringend eine Überarbeitung der Schuldenbremse auf Bundesebene. Aber der Finanzminister hält vollkommen verantwortungslos an ihr fest, wie an einem Mantra. Er setzt damit die Zukunft unserer Infrastruktur, unserer Kommunen und damit von uns allen aufs Spiel!

So kann es nicht weitergehen!

Und dann habe ich von den Auswirkungen die aktuellen Krisen, von Klimakrise bis Coronapandemie, noch gar nicht gesprochen. Denn deren Auswirkungen schlagen bis auf unseren Haushalt in Gütersloh durch.

Die Steuereinnahmen gehen zurück, während die Kosten für Bau, Sanierung, soziale Leistungen, Bildung, Infrastruktur sowie ÖPNV explodieren. Der Tarifabschluss im öffentlichen Dienst, so wichtig er individuell für die Beschäftigten ist, führt in der Summe zu enormen finanziellen Belastungen in unserem Haushalt. Hinzu kommt die notwendige Unterbringung von Geflüchteten, von Menschen, die vor Krieg und Elend zu uns geflohen sind. Ihr Menschenrecht auf Asyl, ihre menschenwürdige Unterbringung und ihre Zukunftsperspektive liegt uns, auch mir persönlich, enorm am Herzen. Und gleichzeitig bedeutet dies eine enorme Herausforderung für unsere Stadt.

Die Summe all dieser wichtigen Aufgaben und Herausforderungen, schnürt uns die Luft ab. So sehr, dass wir zeitnah Schwierigkeiten bekommen könnten, unsere öffentlichen Dienstleistungen aufrechtzuerhalten und langfristige Investitionen in die Zukunft zu tätigen.

Bei diesen enormen Aufgaben könnte man fast den Mut verlieren, die Hände in die Höhe strecken und aufgeben. Aber das wäre verantwortungslos!

In guten Zeiten Politik zu machen ist einfach. Gute Politik in schwierigen Zeiten zu machen, braucht Mut, Haltung und Verantwortung.

Wir Grüne haben uns mutig auf den Weg gemacht, Lösungen zu finden. Wir wollen nicht aufgeben, sondern das Ruder herumreißen und wieder positiv in die Zukunft schauen können.

Wir GRÜNE übernehmen auch in dieser schwierigen Situation Verantwortung. Wir haben uns stets dafür eingesetzt, die Handlungsfähigkeit der Stadt zu erhalten. Auch wenn das bedeutet, unpopuläre Entscheidungen treffen zu müssen. Unpopulär, da sich niemand darüber freut, Steuern erhöhen zu müssen. Niemand. Wir sind uns bewusst, dass die anstehenden Steuererhöhungen, die nun auf die Bürger*innen und Bürger und auch auf die Unternehmen zukommen werden, für viele von ihnen keine Kleinigkeit sind.

Aber es sind Entscheidungen, die JETZT getroffen werden müssen und die auf lange Sicht die Stadt handlungsfähig halten. Während andere sich auf vermeintlich einfache Lösungen fokussieren, sind wir GRÜNE bereit, diese Entscheidung mitzutragen.

Ich mache einmal deutlich, was die aktuellen Optionen für unsere Stadt sind:

Option 1: Aktuell befinden wir uns in der sogenannten Vorläufigen Haushaltsführung. Quasi in einer Art Schwebezustand. Dieser Zustand könnte ein Dauerzustand werden, wenn wir heute keinen Haushalt verabschieden.

Welche Konsequenzen und Auswirkungen, hätte das? Es könnten keine neuen Projekte oder größere Investitionen gestartet werden. Dringend benötigte Infrastrukturprojekte würden sich verzögern. Es gäbe keine finanziellen Mittel für die diversen Träger in dieser Stadt, die bereits dringend auf ihre Zuschüsse warten. Soziale Einrichtungen, Vereine, aber auch Weberei und Parkbad wären betroffen. Wichtige Fördergelder könnten nicht abgerufen werden und würden verloren gehen – zum Beispiel für das Bürgerhaus Blankenhagen. Hinzu kämen Unsicherheiten für die langfristigen Planungen und Budgetierungen von Projekten, da wir nicht sicher sein könnten, wann ein endgültiger Haushaltsplan verabschiedet werden würde und welche finanziellen Mittel dann zur Verfügung stünden.

Vor diesem Hintergrund kann ich nicht nachvollziehen, dass die CDU es drauf ankommen lässt, dass wir in diesem Schwebezustand verharren, das wäre der Fall, wenn wir heute keinen Haushalt verabschieden. Für uns GRÜNE kommt die Option 1, also auf unbestimmte Zeit in der Vorläufigen Haushaltsführung zu bleiben, nicht in Frage. Das wäre unverantwortlich.

Option 2: Wir verabschieden keinen Haushalt und gehen in die Haushaltssicherung, so wie die CDU es gern möchte. Zugegeben eine Haushaltssicherung kann von Kommune zu Kommune unterschiedliche Konsequenzen haben. Ich möchte ein paar Beispiele nennen, was passieren könnte:

Wir könnten gezwungen sein, Dienstleistungen zu reduzieren oder einzustellen. Das könnte die Schließung der Bibliothek oder der Schwimmbäder sein. Auch die Verkürzung von Öffnungszeiten in Verwaltungsgebäuden oder die Einschränkung des öffentlichen Nahverkehrs wären denkbar.

Wir könnten gezwungen sein, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu entlassen, um Personalkosten zu senken. Mit der möglichen Folge, eines erhöhten Arbeitsdrucks für das verbleibende Personal.

Wir könnten gezwungen sein, unsere geplanten Investitionen z.B. Erweiterung von Schulen zu verschieben oder zu reduzieren.

Wir könnten gezwungen sein, Steuern und Gebühren in einem Maße zu erhöhen, wie wir es gar nicht vertreten können und wollen. Denn es könnte eine deutlich größere finanzielle Belastung für die Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen mit sich bringen.

Das alles wollen wir nicht riskieren. Wir übernehmen Verantwortung, denn wir wollen die Handlungsfähigkeit unserer Stadt nicht verlieren.

Diese beiden Optionen (Haushaltssicherung und vorläufige Haushaltsführung) sind für uns GRÜNE in keinster Weise erstrebenswert. Als Kommunalpolitiker*innen haben wir die Aufgabe „zu gestalten und zu verbessern“ und dieser Aufgabe wird man mit diesen beiden Optionen nicht gerecht!

Aber die CDU hält die Haushaltssicherung offenbar für erstrebenswert und das richtige Mittel in unserer dargestellten Situation. Sie nutzt in den Haushaltsdiskussionen immer wieder gern das Bild, dass das Dach brennt. Die logische Antwort wäre dann ja, die Feuerwehr zu rufen. Die CDU ruft lieber den Architekten an und beauftragt den Neubau und das, ohne die Finanzierung geklärt zu haben.  

Das ist die CDU, die gemeinsam mit uns vor anderthalb Jahren die Einsetzung eines Konsolidierungsarbeitskreises beschlossen hat, um die Haushaltssicherung zu vermeiden.

Der Arbeitskreis Konsolidierung sollte ein Gremium sein, das einen Blick auf den gesamtstädtischen Haushalt wirft und versucht, mögliche Einsparpotenziale zu verifizieren und zu heben.

Alle Beteiligten haben während des Konsolidierungsprozesses gemerkt: Das ist gar nicht so einfach. Und eines ist inzwischen auch klar: Der bisherige Prozess und die Ergebnisse daraus, sind nicht zufriedenstellend. Die Arbeitsweise war bisher nicht effektiv, wir sind viel zu langsam vorangekommen. Der Prozess hat als solches nicht unsere Zustimmung gefunden. Herr Könnecker, das haben wir Ihnen gegenüber auch mehrfach deutlich gemacht. Aber wir geben die Hoffnung nicht auf, dass es ab sofort anders läuft.

Lassen Sie uns die Konsolidierungsgespräche nach der Haushaltsverabschiedung schleunigst wieder aufnehmen. Lassen Sie uns über von den Fraktionen bereits vorgeschlagenen Einsparungen diskutieren. Packen wir die Vorschläge an, die schnell und ohne großen Aufwand umsetzt werden können. Lassen Sie uns doch damit direkt starten.

Die Vorlagen der Verwaltung müssen dafür deutlich besser werden. Wir erwarten von der Verwaltung viele Vorschläge, einen Überblick über alles, was möglich wäre einzusparen oder zu optimieren. Und dann entscheiden wir als Politik gemeinsam, was davon in welcher Weise umgesetzt wird. Wir werden nicht allen Vorschlägen zustimmen, aber wir wollen ALLES auf dem Tisch haben, um entscheiden zu können.

Alle Fraktionen waren (also) aufgefordert, Vorschläge zu machen, wo aus unserer Sicht Einsparungen oder Einnahmenverbesserungen machbar wären. Unsere Fraktion hat Vorschläge für einen genehmigungsfähigen Haushalt eingebracht, der dazu noch das geringste Defizit bedeutet hätte.

Demokratie lebt vom Wettstreit um die besten Ideen und braucht dann Mehrheiten. Daher haben wir gemeinsam mit der SPD und der BfGT nach einer Lösung gesucht, um einen genehmigungsfähigen Haushalt zu beschließen. Basierend auf dem sogenannten kleinsten gemeinsamen Nenner, der von der Verwaltung errechnet worden ist, haben wir letztendlich ein tragfähiges Paket geschnürt. Ich möchte mich an dieser Stelle herzlich für die konstruktive Zusammenarbeit mit SPD und BfGT bedanken. Wir haben hart miteinander gerungen, zuletzt vergangenen Donnerstag in der Sitzungsunterbrechung des Finanzausschusses. Ich bin sehr froh, dass es uns gelungen ist, einen mehrheitsfähigen Kompromiss zu erstreiten.

„Danke, dass ihr euch zusammengerauft habt“ das hat Heiner Kollmeyer uns am vergangenen Donnerstag zugerufen, nachdem SPD, BfGT und wir in einem harten, aber respektvollen Prozess endlich ein tragfähiges Paket geschnürt hatten, das auch mehrheitsfähig ist.

Sollte das ein DANKE dafür sein, dass die CDU sich einen schlanken Fuß machen kann? Ein DANKE dafür, dass wir unpopuläre Entscheidungen treffen, während sie im kommenden Kommunalwahlkampf mit dem Finger auf die uns zeigen kann? Oder ein DANKE dafür, dass wir den Mut und die Verantwortung aufgebracht haben, den sie vermissen lassen?

Wäre man übrigens dem Vorschlag der CDU gefolgt, hätte man nicht nur keinen genehmigungsfähigen Haushalt, sondern die Vorschläge hätten auch noch das größte Defizit für unsere Stadt zur Folge gehabt. Steuererhöhungen sind mit ihnen nicht zu machen. Aber ein Plan, wie es gehen kann, wird von Ihnen, meine Damen und Herren der CDU, nicht vorgelegt. Die Lösung der CDU heißt schlicht und ergreifend Haushaltssicherung. Das ist keine verantwortungsvolle Lösung für unser Problem. Die Augen vor den Problemen zu schließen und zu hoffen, dass es von allein besser wird, hat noch nie funktioniert.

Das gilt übrigens auch für den Klimaschutz. Was für viele in der Politik eine freiwillige Aufgabe zu sein scheint, die man nach Belieben streichen kann, ist für uns GRÜNE eine Investition in die Zukunft. Eine Investition für ein lebenswertes Gütersloh. Da lassen wir uns auch gern vorwerfen „Klientelpolitik“, zu betreiben, wenn wir in den Verhandlungen noch für Maßnahmen des Klimaschutzkonzepts 2.0 und für das Förderprogramm zur energetischen Modernisierung von Wohngebäuden ein Budget in das Haushaltspaket hineinverhandeln wollen. Denn unsere Klientel sind die jetzige und zukünftigen Generationen – also alle Bürger*innen -, für die wir lebenswerte Lebensgrundlagen erhalten wollen. Es sagt viel über seine mickrigen Ambitionen für Güterslohs Zukunft aus, wenn der suspendierte Bürgermeister Morkes in diesem Ratssaal sagte: „Wir haben für den Klima- und Umweltschutz kein Geld.“ Wir brauchen endlich eine Stadtspitze, die Klimaschutz und wirtschaftliche Entwicklung gemeinsam denkt. 

Das Ziel ist und bleibt für uns GRÜNE die nachhaltige finanzielle Gesundung des Haushalts, um die Handlungsfähigkeit unserer Stadt zu erhalten und die weiterhin drohende Haushaltssicherung auch in Zukunft abzuwenden. Wir werden Prioritäten hinsichtlich der konsumtiven Ausgaben und Investitionen setzen müssen. Verwaltung und Politik müssen gemeinsam Strategien erarbeiten, um langfristig einen strukturell ausgeglichenen städtischen Haushalt aufzustellen. Mit Zusammenhalt, Mut und Haltung werden wir die Herausforderungen schaffen, die vor uns liegen.

Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Verwaltung, wir können uns gut vorstellen, dass Sie über die (fast) Nullrunde bezüglich der geforderten Stellen nicht glücklich sind. Bitte glauben Sie uns: Wir haben uns die Entscheidungen nicht leicht gemacht.

Ich möchte mich in Namen der GRÜNEN Ratsfraktion bei allen in der Verwaltung bedanken, die uns bei unseren Haushaltsberatungen unterstützt, mit uns diskutiert und unsere Fragen beantwortet haben. Vielen Dank. Ein ganz besonderer Dank geht an Frau Pöhler – die Frau der Zahlen – die jede nur erdenkliche Berechnung vorgenommen hat, um zu verdeutlichen, wo wir stehen und welche Entscheidung mit welchen Konsequenzen einhergeht. In diesem Sinne geht auch ein besonderer Dank an Herrn Dresmann, der die Haushaltsberatungen intensiv begleitet hat.

Wir hoffen darauf, dass die Fortsetzung der Konsolidierung des Haushalts von allen Fraktionen und von der Verwaltung gemeinsam vorangebracht wird, in einem konstruktiven Miteinander, in einem strukturierten Prozess zum Wohle von Gütersloh. Das heißt für uns, Haushaltssicherung zu vermeiden, Entscheidungsspielräume zu erhalten, die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger im Blick zu behalten und Gütersloh insgesamt zukunftsfest zu machen. Wir halten Kurs auf Klimaschutz und den sozialen Zusammenhalt in unserer Stadt, beginnen gleichzeitig direkt mit den Einsparungen und bereiten ein langfristiges Haushaltskonzept vor, bei dem wir am Lenkrad bleiben.

Wir GRÜNE stimmen dem Haushalt für das Jahr 2024 zu. Wie in den letzten Jahren übernehmen wir Verantwortung für die nachhaltige Zukunft für alle in unserer Stadt!

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